Tocquevilles Frauenbild wirkt selbst dann verhältnismäßig rückständig, wenn der Maßstab der Zeit angelegt wird, in der er sein Werk verfasst hat. Entsprechend lang ist die Liste der Kritikerinnen und Kritiker, die ihm im Hinblick auf das Genderproblem antifeministische Vorurteile, chauvinistische Stereotypen, blinde Flecken sowie eine grundlegende Gegnerschaft zur Gleichstellung der Geschlechter attestierten (z. B. Morton 1984; Matsumoto 1986; Kerber 1988; Okin 1989; May 1990; Manent 1996; für einen Überblick s. Shapiro 1997; Zaleski 2008, 260–266; Carey 2009). Auch eine ideengeschichtliche Verortung von Tocquevilles Behandlung der ›différence des sexes‹ (vgl. Parker Benegahr 1994; Fraisse 1995) vermag diesen Gesamteindruck nur bedingt zu relativieren, zumal wenn wie bei Susan Okin (1989) die antifeministische und patriarchale Seite Tocquevilles als nahezu typische Begleiterscheinung der klassischen Theorie des Liberalismus hervorgehoben wird.