摘要
Der Schwerpunkt der Dissertation Strukturchemische Untersuchungen an Hexachalkogenohypodiphosphaten und verwandten liegt in der Synthese und kristallographischen Charakterisierung neuer Hexachalkogenohypodiphosphate. Die Verbindungen werden uberwiegend durch Aufschmelzen und anschliesendes Tempern stochiometrischer Gemenge der reinen Elemente in evakuierten Quarz-Ampullen erhalten.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden insgesamt 39 Verbindungen kristallographisch untersucht. 10 Thiohypodiphosphate, 15 Selenohypodiphosphate und zwei verwandte Hypoditetrelverbindungen, Bi2Si2Te6 und In2Ge2Te6, werden detailliert auf Basis von Einkristall-Strukturanalysen und Pulverdiffraktometrischer Ergebnisse diskutiert.
Die Arbeit zeigt erstmals die strukturchemische Verwandtschaft vieler Hypodiphosphate mit der Perowskit-Struktur auf. Ein formales Substitutions- und Verwandschafts-Schema hierzu wird in Kapitel 7 der Arbeit gegeben. Als Nebenaspekt der Arbeit gelingt die Klassifikation der Mehrzahl bekannter Hexachalkogenohypodiphosphate in zwei Strukturfamilien als Verbindungen mit vom Cadmiumhalogenid- bzw. vom Perowskit-Typ ableitbaren Struk¬turen.
Es wird gezeigt, dass die Struktur von Ag3Tl5(P2S6)2 aus verschiedenen 3-dimensionalverknupften Ketten aufgebaut wird. Ein anderer, komplexerer, Strukturtyp wird in der Verbindung Ag2Tl2P2Se6 erhalten. Es finden sich Anzeichen fur schwache Ag-Tl und Ag-Ag-Wechselwirkungen. Analoge Anzeichen fur Cu-Tl-Wechselwirkungen werden in den Verbindungen Cu2Tl2P2S6 und Cu2Tl2P2Se6 beobachtet. Die Cu-Verbindungen konnen daruber hinaus am besten als gefullter Perowskit betrachtet werden. In dieser Arbeit wird erstmals gezeigt, dass die Strukturen vieler Hypodiphosphate als Substitutions- bzw. Ordnungs-Varianten der Perowskit-Struktur beschrieben werden konnen. Verschiedene solcher Ordnungsvarianten werden anhand der Ausordnung der Kationen unterschieden. Die zentrosymmetrischen Verbindungen der TlMP2Q6 Familie mit M = Ce, La und Q = S, Se sowie TlPrP2Se6 kristallisieren in der Raumgruppe P 21/c. Die nicht-zentrosymmetrischen Verbindungen der TlMP2Q6 Familie mit M = Bi, In, Sb und Q = S bzw. M = Sb, Dy, Er, Sm, Tb, Y und Q = Se kristallisieren in der Raumgruppe P 21. Die Verbindung TlBiP2Se6 stellt eine weitere Untervariante, eine zweifachen Uberstruktur der zentrosymmetrischen TlMP2Q6 Familie, dar.
Vier Verbindungen der MI4MIII2(PQ4)2P2Q6 Familie, die drei Sulfide mit MI = Tl und MIII = Sm, Y bzw. La und das Selenid mit MI = Tl und MIII = Er, wurden ebenfalls erhalten und vollstandig strukturell charakterisiert. In den MI4MIII2(PQ4)2P2Q6 Verbindungen treten zwei unterschiedliche komplexe Anionen, [PQ4]3- and [P2Q6]4-, auf. Die Verbindungen kristallisieren in einer komplexen Struktur. Mittels Gruppe-Untergruppe Beziehungen wird ein vollstandiger Barnighausen-Stammbaum aller bekannten Verbindungen der MI4MIII2(PQ4)2P2Q6 Familie hergeleitet.
Die Verbindungen AgMP2Se6 (M = Er, Sc, Tm) und alpha-CuBiP2Se6 erweitern die Zahl bekannter Hexachalkogenohypodiphosphate mit vom CdI2 abgeleiteten Strukturtyp in der Raumgruppe P -3 1 c.
Anhand pulverdiffraktometrischer Daten wird gezeigt, dass CuScP2Se6 isostrukturell zu diesen CdI2-Varianten in der Raumgruppe P -3 1 c kristallisiert. Die Verbindung AgSbP2Se6 ist hingegen isostrukturell zu AgBiP2Se6 und zahlt damit zu einer anderen Familie von mit dem CdI2-Typ verwandten Ver¬bin¬dun¬gen mit der Raumgruppe R -3. Die Struktur von AgBiP2Se6 wurde anhand eines doppelt meroedrisch verzwillingten Kristalls gelost und stellt eine seltene Substitutionsvariante mit einer zweifachen Uberstruktur mit verdoppelter c-Achse des M2P2Q6 Strukturtyps mit der Raumgruppe R -3 dar.
Die zwei Hypoditetrelverbindungen Bi2Si2Te6 und In2Ge2Te6 kristallisieren ebenfalls in letzterem Strukturtyp. Diese Verbindungen sind nahe verwandt mit den sog. Phase-Change-Materialien wie z. B. Indium dotiertes Ge2Sb2Te5 und stellen daher moglicherweise interessante Beispielverbindungen fur das Strukturverstandnis und die strukturellen Prozesse in optischen Datenspeichermedien dar.
CuScP2S6 ist die einzige Verbindung in dieser Arbeit, die in einer Variante des CdCl2-Typs mit einer monoklinen Elementarzelle und der Raumgruppe C 2/c kristallisiert. In CuScP2S6 tritt eine statistische Fehlordnung der Kupferatome auf zwei off-centre Positionen auf. Fehlordnungen dieser Art sind bei Kupferhypodiphosphaten dieses Typs ein verbreitetes Phanomen.
Vier Verbindungen der TlMP2S7 Familie sind als Nebenprodukte in dieser Arbeit angefallen und wurden mittels Einkristallstrukturanalyse untersucht. Die Verbindungen mit M = Ce, Nd, Pr and Sc kristallisieren in zwei unterschiedlichen Strukturtypen und weisen das Pyrophosphat-Anion [P2S7]4- auf.
Die Struktur des bereits bekannten HfSe2 wurde erstmals am Einkristall untersucht.
Die bereits postulierte Verbindung AgCu2PS4 wurde ebenfalls am Einkristall strukturell charakterisiert. Es wird gezeigt, dass das quasi-binare System Cu3PS4-Ag3PS4 eine Uberstruktur mit geordneter Lagensubstitution der Silber- und Kupferatome bei der Zusammensetzung AgCu2PS4 aufweist.
Weiterhin findet sich eine Liste von Hexachalkogenohypodiphosphaten und verwandten Verbindungen inklusive der zugehorigen Literaturstellen in Kapitel 8 dieser Arbeit in Form von ubersichtlich gehaltenen Tabellen.